Haben wir gestern den kommenden Großmeister gesehen?
Am gestrigen Freitag fand die gut besuchte Jahreshauptversammlung des SV Zeppelin Herne statt. Darüber wird an anderer Stelle berichtet.
Im Anschluss bot sich die Gelegenheit mit einer Partie zwischen Joachim Talarski und Atilla Baslamis die Vereinsmeisterschaft fortzuführen. Dazu muss man wissen, dass Atilla auf eigenen Wunsch erst später in das in der 6. Runde befindliche Turnier eingriff. Er hat also noch einiges vor sich.
Nun zum eigentlichen Geschehen:
Ich stehe einen Tag nach unserer Partie unter dem Eindruck, da wächst mit einem erst 9-Jährigen ein großes Talent heran. Er brachte mich bereits in der Eröffnung in arge Schwierigkeiten. Sein Läuferopfer im 5. Zug auf f2 zeigt, mit welcher Dynamik er das Schachspiel begleitet und begreift. Danach fand er nicht immer die optimalen Züge, spielte aber konsequent trotz Materialnachteil auf Angriff. In der Folge kam es auf beiden Seiten zu kleinen Ungenauigkeiten.
Wahrscheinlich wird er in kürzester Zeit unser Niveau erreichen. Was danach kommt, können wir nur erahnen. Das wiederum hängt allein von ihm selbst ab.
Der allgemeine Tenor der staunenden „Kiebitze“ war: ,,Atilla ist ein Juwel, das man hegen und pflegen muss, bis es seine volle Pracht entfaltet.“ Bei Kindern/Jugendlichen in dem Alter muss man aufpassen, dass sie nicht zu schnell abheben. Diese Gefahr besteht aber im konkreten Fall nicht, habe ich doch seinen Vater als einen sehr besonnenen und klugen Mann kennen- und schätzen gelernt. Er selbst bezeichnet sich als voll integrierten Deutschtürken, der dafür sorgen wird, dass sein Sohn nicht die Bodenhaftung verliert.
Atilla hat italienische/türkische Wurzeln. Er hat nicht nur eine glänzende schachliche Karriere vor sich, er hütet auch das Tor der F-Junioren des BV Herne-Süd. Unter vorgehaltener Hand sprechen Fußballkenner von einem 2. Manuel Neuer.
Darüber hinaus beschäftigt er sich auch mit der Zeitgeschichte des 20. Jahrhunderts und dabei insbesondere mit der Strategie des 1. und 2. Weltkriegs. Sein Spektrum ist also nicht nur auf das Sportliche konzentriert. Er ist – wie könnte es anders sein – auch ein sehr guter Schüler.
Wir wünschen unserem „Wunderknaben“, dass er sich kontinuierlich weiterentwickelt und noch sehr lange bei uns „alten Säcken“ verbleibt.
Ein toller Bericht, mit einer soliden Einschätzung unseres Nachwuchstalents. Ich durfte auch schon gegen Atti antreten. Er hat sehr gutes Potential. Bin gespannt, wie er sich in der Kreisklasse schlägt. Wir haben ihn mal gleich an Brett 1 gesetzt.
Nach unserer JHV war ich auf dem Weg nach Hause und warf im Vorbeigehen einen Blick auf die Partie zwischen Joachim und Atilla. Ich war gebannt, denn ich sah auf dem Brett eine in der Preussischen Partie im 4. Zug selten gespielte Variante mit Lc5, die zwar riskant aber durch Verwicklungen auch für Schwarz Möglichkeiten zum Gewinn bietet. Sollte Atilla Traxlers Gegenangriff kennen?! Ich war begeistert! Nach dem angebotenen (Schein)-Opfer des Läufers Lxf2 wurde Joachim unruhig: soll ich oder soll ich nicht nehmen? Das Nehmen war falsch und hätte unserem jungen Schachfreund gute Chancen eröffnet. Leider hat er nicht folgerichtig fortgesetzt und nach Materialverlust aufgeben müssen. Fazit: Joachim hat recht. Ein kleines zugleich sympathisches Juwel, das nun sorgsam aufgebaut werden muss. Carlsen könnte sein Vorbild sein; denn der spielt auch gerne Fußball.
Sehr schöner Artikel. Weiter so.
Danke, lieber Franz,
… und alles ohne KI – darauf lege ich Wert….